ÄGYPTOLOGIE
INFORMATIONSBLATT
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DER
DEUTSCHSPRACHIGEN ÄGYPTOLOGIE

Projekte: Münster

Spätrömische Administration und kulturelle Verflechtung in der ägyptischen Dachla Oase
Gesa Schenke
Ägypten im 4. Jahrhundert stellt ein Paradebeispiel für dauerhafte Xenokratie im Wandel dar, die über Jahrhunderte das Selbstverständnis der ägyptischen Bevölkerung prägte. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Auswirkungen der bereits bestehenden Strukturen hellenistischer und römischer Herrschaft vor Ort. Hier setzt das Teilprojekt an und legt den Fokus auf die Veränderungen dieser Strukturen, die sich im Laufe des 4. Jahrhunderts durch den Verwaltungsapparat der spätrömischen Kaiser vollzogen. Es widmet sich der Frage, inwieweit die im 4. Jahrhundert fortschreitende Fragmentierung der Administration für zunehmende De-Xenokratisierung auf lokaler Ebene verantwortlich zeichnet. Es geht der These nach, dass die neue Auffächerung der Lokaladministration im Laufe des 4. Jahrhunderts zu immer mehr Selbstverwaltung vor Ort und damit zu immer mehr Verwaltungs- und Mitarbeiterpersonal führte, ein Prozess, durch den sich in den ägyptischen Städten schließlich nicht nur eine römische Lokalelite, sondern auch eine breite römische Mittelschicht herausbildete, die lokal fest in die administrativen Prozesse eingebunden war, wodurch ein Großteil der Bevölkerung faktisch von „Untertanen“ selbst zu „Machthabern“ ihres jeweiligen Mikrokosmos werden konnte. Es sollen hier also in erster Linie nicht die vertikalen Strukturen der Machtausübung durch Administration von oben nach unten untersucht werden, sondern das vielschichtige Netz horizontaler Autoritätsansprüche und Einflussnahme im spätrömischen Verwaltungsgefüge der ägyptischen Einwohner untereinander in den Fokus rücken.
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Abraham im Alltag. Gelebte und tradierte Religiosität in der koptischen Überlieferung des Testaments Abrahams nach Originalkodizes des 4. und 10. Jahrhunderts
Gesa Schenke
Die beiden frühesten Handschriften der jüdisch-christlichen Überlieferung des Testaments Abrahams (TestAbr) sind in ägyptischer Sprache (Koptisch) erhalten. Beide Texte werden zur Publikation (P.Köln Inv. 3221b) bzw. Neupublikation (Biblioteca Vaticana Copto 61, fol. 148v–163v) vorbereitet. Über die beiden Texteditionen hinaus widmet sich das Projekt den hinter der Textüberlieferung des TestAbr stehenden kultischen Traditionen und religionspolitischen Zusammenhängen. Dabei sollen Fragestellungen zum Text und seiner Tradition, sowie zu Blickwinkel und Ergebnissen der Textbearbeitung und Textaussage geschärft und erweitert werden. Das Projekt beschäftigt sich zudem mit der Frage, wie sehr der Gedanke an den Tod und ein bevorstehendes Totengericht religiöses, politisches und gesellschaftliches Handeln im Alltag beeinflusst. In diesem Zusammenhang werden die beiden koptischen Handschriften des TestAbr näher untersucht. Sie sind in einem Papyruskodex des 4. und einem Pergamentkodex des 10. Jahrhunderts erhalten. Kern dieser Erzählung ist die persönliche Freundschaft Gottes mit dem Patriarchen, die Abraham Beständigkeit und Sicherheit garantiert. Seinen guten Freund Abraham lässt Gott noch zu Lebzeiten durch eine Forschungsreise ins Jenseits Einblick in die Vorgänge gewinnen, die allen Menschen nach dem Tod bevorstehen, wenn ihre verstorbenen Seelen vor Gericht mit der eigenen Lebensleistung konfrontiert und rigoros evaluiert werden. Dem Richter liegen dazu von Enoch, dem Schreiber der Gerechtigkeit, angefertigte Mitschriften ihrer Lebensführung vor, die alle guten und schlechten Taten akribisch protokollierten. Anhand dieses Beweismaterials entscheidet sich, ob die Seelen der Verstorbenen ins Reich der Himmel oder ins Reich der Finsternis gesandt werden. Seinen Augenzeugenbericht über diese Vorgänge stellt Abraham als Testament der Nachwelt zur Verfügung. Das besondere Verhältnis Abrahams zum Göttlichen ist religionspolitisch ausgesprochen interessant und mag die Popularität dieser Erzählung erklären, die von der römischen Kaiserzeit bis hinein ins 19. Jahrhundert von unterschiedlichen religiösen Gruppen in verschiedenen Sprachen rezipiert und adaptiert wurde. Der bislang älteste erhaltene Textzeuge aus dem 4. Jahrhundert ist jedoch bis jetzt unveröffentlicht geblieben und soll durch dieses Projekt der wissenschaftlichen Forschung erstmals in Edition, übersetzung und Kommentar zugänglich gemacht werden.
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Umzäunung und Registrierung archäologischer Sites im Wadi Abu Dom (Sudan)
Angelika Lohwasser, Mohammed el Toum
Über die direkte Zerstörung hinaus stellt der Krieg im Sudan durch die Millionen Binnenvertriebenen eine indirekte Bedrohung für das kulturelle Erbe dar: Einerseits fördert der Mangel an Wohnraum illegale Bautätigkeit, andererseits wird Land als Bauland an die Menschen vergeben. Seit 2009 führt das Institut für Ägyptologie und Koptologie der Universität Münster archäologische Arbeiten in der Bayuda durch, doch die dortigen Steingebäude sind noch nicht als archäologische Stätten registriert. Mit Mitteln des Ausgrabungsprojekts wurden zwei Wachleute eingestellt, die regelmäßig den Zustand der Stätten überprüfen. Die Nationale Behörde für Altertümer und Museen (NCAM) hat uns jedoch kontaktiert, da in der Nähe der Stätten neue Gebäude und Solaranlagen errichtet wurden. Die gesetzliche Ausweisung als archäologische Stätte würde eine Räumung für Bauzwecke verhindern. Dieses Projekt finanziert die Arbeiten zur Registrierung der Gebäude von Umm Ruweim 1, 2 und 3, Umm Khafour und Quweib im unteren Teil und der Struktur von El Tuweina im mittleren Teil des Wadi Abu Dom als archäologische Stätten. Dazu muss ein Zaun mit gemessenen Betonpfosten errichtet werden. Vertreter des NCAM werden die Markierung organisieren und durchführen, was jedoch ohne die Finanzierung durch uns als Lizenzinhaber nicht möglich ist. Die Koordinaten werden dann von einem Vertreter der Vermessungsbehörde in der Provinzhauptstadt Merawi in das Grundbuch eingetragen.
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Bāḥra ḥassāb: Wissensüberlieferung in Äthiopien und Eritrea von der Antike bis zur Neuzeit
Dr. Daria Elagina
Das Hochland von Eritrea und Nordäthiopien, ein Land der schriftlichen Zivilisation aus dem 1. Jahrtausend v. Chr., ist ein Kulturraum mit einer besonders langen und ununterbrochenen Manuskripttradition. Neben anderem literarischem Erbe hat die Manuskriptkultur Äthiopiens und Eritreas über viele Jahrhunderte hinweg ein Korpus von Texten und grafischen Elementen überliefert, das konventionell als "bāḥra ḥassāb" bezeichnet wird. Es vermittelt traditionelles Wissen zum Kalender, zur Chronologie, Astronomie, Kosmologie, Astrologie, Meteorologie, zu Orientierungen, Wahrsagerei und viele weitere Aspekte. Viele Elemente dieses Korpus sind ausländischen (zum Beispiel hellenistischen, arabischen oder europäischen) Ursprungs. Diese fremden Elemente waren in die äthiopische Manuskriptkultur integriert und prägten eine lokale Wissenstradition, die bis heute überlebt hat. Das Korpus von "bāḥra ḥassāb" ist ein bedeutendes Element der Kultur Äthiopiens und Eritreas, eine wichtige Quelle für den Vergleich mit anderen Manuskriptkulturen und ein besonderes Beispiel einer nicht-westlichen epistemischen, also Wissenstradition. Trotz einiger wichtiger und tiefgreifender Beiträge sind Umfang, Ursprung und Elemente dieses Korpus bislang wenig erforscht. Die neue Emmy Noether-Gruppe untersucht die Texte nun erstmals umfassend aus philologischer und manuskriptologischer Perspektive. Ziel ist es, ein systematisches und umfassendes Verständnis von "bāḥra ḥassāb" zu erstellen: seinem Repertoire, seinen Themen, seinem Ursprung und seiner historischen Entwicklung als Weltkulturphänomen. Die Analyse der Wissenstradition einer nicht-westlichen Kultur soll die Sammlung auch für die interdisziplinäre und interkulturelle Forschung zu historischer Zeitrechnung, Wahrsagerei, und Epistemologie erschließen. Über eine Projekt-Website werden aktuelle Forschungsergebnisse, z.B. die Bibliografie und digitale Datenbanken, zugänglich gemacht werden.
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El Tuweina – Inventar einer Residenz in der Wüste
Angelika Lohwasser
Der Siedlungskomplex von El Tuweina liegt im Zentrum der Bayuda-Wüste im Nordsudan im südlichen Einzugsbereich des oberen Wadi Abu Dom, auf etwa halber Strecke zwischen den modernen Städten Merowe und Atbara. Hier befindet sich ein zusammenhängender Komplex aus drei Baustrukturen, teils aus Stein- teils aus Lehmziegelmauern errichtet, die in den Jahren 2013 (bauhistorische Testsondagen) sowie 2017-2019 (flächige Ausgrabung) durch das Institut für Ägyptologie und Koptologie der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster ausgegraben wurden. Das Bauensemble datiert in die Spät-Meroitische Epoche (ca. 3. Jahrhundert n.Chr.); in dieser Zeit stellte die zentrale Bayuda einen peripheren Raum dieser vor allem im Niltal beheimateten Kultur dar. Architektur und übrige materielle Kultur weisen dabei, nach bisherigen Erkenntnissen, ein deutliches Maß an Eigenständigkeit auf. Die Ergebnisse des Survey-Projektes „Wadi Abu Dom Itinerary“ (2009-2016) der WWU Münster weisen für den Bereich des oberen Wadi Abu Dom auf eine überwiegend pastorale Ökonomie mit enger Verzahnung von sesshaften und mobilen Lebens- und Wirtschaftskonzepten. Die Analyse des in den Jahren 2017 bis 2019 in El Tuweina geborgenen Fundmaterials (Keramik, Tierknochen, botanische Proben, Kleinfunde) soll diese generellen Annahmen über die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der zentralen Bayuda einer Überprüfung unterziehen, sowie den Siedlungskomplex von El Tuweina in die nähere und weitere Kulturlandschaft einordnen.
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Was sind "Staatsgötter"? Königtum und Kult in Meroe (3. Jh. v. bis 3. Jh. n. Chr.)
Angelika Lohwasser
Der Beginn der meroitischen Periode des Reiches von Kusch, des südlichen Nachbarn Ägyptens, wird allgemein mit der Verlegung des königlichen Friedhofes von Napata am Jebel Barkal nach Meroe (um 270 v. Chr.) angesetzt. In vielen Bereichen der Kultur ist ein Unterschied zur davor liegenden napatanischen Periode zu erkennen, in der Adaptionen der pharaonischen Bild- und Zeichenwelt eine zentrale Rolle spielten. Bestimmte Eigenheiten in den Bildmedien, besonders der königlichen Ikonographie, die wir seit der 25. Dyn. (der kuschitischen Herrschaft in Ägypten) kennen, bleiben zwar erhalten, auch bestimmen ägyptische Gestaltungsprinzipien nach wie vor die meroitische Kunst. Doch der ägyptische Einfluss wird geringer, Reliefs und Rundplastiken zeigen viel mehr eine stärkere indigene Komponente. Ein hervorstechendes Element dieser Dynamik ist, dass einheimische Gottheiten wie z.B. Apedemak oder Sebiumeker dargestellt werden, die bisher im offiziellen Pantheon nicht vertreten waren. Im beantragten Projekt wird nach dem Verhältnis von Tradition und Innovation in den verschiedenen Bereichen der meroitischen Kultur gefragt, die sich über archäologische Quellen erschließen lassen.
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Interregional Linkage Investigations in Northern Kordofan (InterLINK)
Angelika Lohwasser
Die Beziehungen zwischen den antiken und mittelalterlichen Kulturen des nubischen Niltals und den zeitgleichen, vor allem eisenverarbeitenden Kulturen des Tschadbeckens und der übrigen Sahel-Region ist seit längerem Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Ein neues Licht auf die Einbindung der Kulturen des Nubischen Niltals in eine in Ost-West-Richtung verlaufende Kontaktzone werfen Entdeckungen, die in den Jahren 2011 und 2017 durch die geplante Felddirektorin Jana Eger gemacht worden sind. Im Bereich des Tafelbergs Jebel al-Ain an der Grenze von Nord-Kordofan wurden ein christliches Zentrum, wahrscheinlich ein Klosterkomplex, sowie mehrere weitere archäologische Stätten identifiziert, deren Struktur eine enge Beziehung dieser über 250 km vom Nil entfernte Kulturlandschaft mit den Niltalkulturen nahe legt. Das hier vorgestellte Forschungsprojekt soll die durch diese Entdeckungen aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der Rolle Nord-Kordofans als kulturhistorische Kontaktzone klären - sowohl in kleinräumiger Hinsicht (Verbindung der Jebel al-Ain-Region zum Niltal sowie den alt-kordofanischen Kulturen mit dem Zentrum Zankor), als auch bezüglicher größerer Räume (die Rolle Nord-Kordofans als Kontaktzone zwischen den Niltalkulturen und den Kulturen des Sahelgürtels, insbesondere des Tschadbeckens).
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Wadi Abu Dom Investigations
Angelika Lohwasser
Die Oase von el Rum liegt im unteren Wadi Abu Dom in der Bayuda-Wüste im Sudan, ca. 330 km nordwestlich von Khartum. Hier befinden sich mindestens vier bedeutende antike Gebäudekomplexe, die nach ersten Voruntersuchungen aus der Spätantike stammen, mehrere Nekropolen vor allem des 1. Jahrtausends vor und des ersten Jahrtausend nach Christus, sowie verschiedene Siedlungsplätze unterschiedlicher Epochen. Die Oasenlandwirtschaft wurde und wird ermöglicht durch eine Kette von Brunnen. Eine Tagesetappe vom Nil entfernt gelegen, ist sie zumindest in geographischer Hinsicht Teil des Hinterlandes der Region von Napata, religiösem Zentrum und bedeutender Metropole des Reiches von Kusch, dem Land der „Schwarzen Pharaonen“ (ca. 750 v.Chr. – 350 n.Chr.). Trotz dieser topographischen Nähe zeigt die Oase von el Rum eine starke kulturelle Eigenständigkeit und nur wenig Bezüge zu Napata. Im Rahmen des abgeschlossenen Projektes „Wadi Abu Dom Itinerary“ der Universität Münster wurde in den Jahren 2009 bis 2016 ein systematischer Survey der gesamten Region des Wadi Abu Dom, darunter auch der Oase el Rum und Umgebung, durchgeführt. Die Ergebnisse dieses Surveys sprechen für die Existenz eines eigenständigen kulturellen Komplexes in den Gunsträumen und Oasen der Bayuda. Dieser beruht in Teilen auf Oasenwirtschaft, überwiegend jedoch auf pastoraler Ökonomie und einer engen Verzahnung von sesshaften und mobilen Lebens- und Wirtschaftskonzepten. Trotz der geographischen Nähe von el Rum zur Region Napata spricht bislang viel dafür, dass auch die dortige Bevölkerung lange eher in diesen eigenständigen, durch die Bedingungen der Wüste geprägten kulturellen „Bayuda-Komplex“ eingebunden war. Die vier großen Gebäude sind überwiegend aus Stein, teilweise auch aus Lehmziegeln errichtet. Sie alle weisen langgetreckte Raumfluchten auf (teilweise in mehreren Reihen), sowie Gänge und Höfe. Im Projekt „el Rum Oasis“ steht die archäologische Erforschung dieser Gebäude im Vordergrund. Dabei geht es um die Untersuchung der Bau- und Nutzungsgeschichte, vor allem jedoch um die Klärung ihrer nach wie vor unklaren Funktion. Ein weiterer Schwerpunkt ist die nähere Erforschung der Brunnen, aus denen die Oase bis heute bewässert wird. Oberflächenuntersuchungen zeigten, dass diese mindestens aus dem Mittelalter stammen. Die Frage nach der Wasserwirtschaft während der Zeit der spätantiken Großbauten ist jedoch bislang völlig unklar und wird in diesem Projekt sowohl durch archäologische als auch durch hydro-geologische Methoden erforscht.
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Normtransgressives Verhalten in der Götterwelt des Alten Ägypten
Alexandra von Lieven
Die gesellschaftlichen Normen des Alten Ägypten sind gut bekannt. Sie lassen sich sowohl aus (auto)biographischen Inschriften, als auch aus den sogenannten Lebenslehren entnehmen und werden als wesentliche Richtschnur für das menschliche Verhalten angesehen. Die Forschung sieht sie vor allem unter dem Etikett "Ma'at" (Recht, Wahrheit, korrekte Weltordnung). In der ägyptischen Mythologie gibt es jedoch eine Fülle von Gottheiten, die diesen Maßstäben zuwiderhandeln. Zwar ist es in den Mythen der verschiedensten Religionen nicht ungewöhnlich, daß für Götter andere Regeln gelten, als für Menschen. Dies ist in Ägypten jedoch zumindest in der Theorie eher nicht der Fall. Oft handelt es sich nämlich um moralisch verwerfliche Taten, die von den Ägyptern selbst entsprechend gebrandmarkt werden, bzw. in den narrativer ausgearbeiteten Mythenfassungen zeigt die Reaktion der übrigen Götter klar an, wie die betreffende Handlung auch in der Götterwelt gewertet wird. Bemerkenswert ist jedoch, daß es sich bei den "Tätern" keineswegs nur um als "böse" bekannte Gestalten handelt. Vielmehr betreffen solche Vorwürfe auch ansonsten positiv bewertete Gottheiten. Dasselbe Verhalten kann sogar bei einer Gottheit als Fehlverhalten gebrandmarkt werden, bei einer anderen hingegen als Kavaliersdelikt durchgehen. Nur die wenigsten normtransgressiven Götter werden in der religiösen Praxis explizit als feindlich dämonisiert. Es ist nach den Gründen für dieses Ungleichgewicht zu fragen: Welche Schlüsse über die altägyptische Gesellschaft und ihre Denkweise, sowie über die Funktion von Mythen allgemein innerhalb einer komplexen Kultur wie dem Alten Ägypten lassen sich daraus ziehen? Zur Beantwortung dieser Fragen erstellt das beantragte Projekt zunächst einen Katalog der überhaupt normtransgressiv werdenden Götter. In einem zweiten Schritt wird untersucht, welche Arten von Normtransgressionen in der Götterwelt belegt sind. Der Umgang der Mythen mit diesen Handlungen wird jeweils verglichen mit den Aussagen realweltlicher Quellen (besonders Rechtstexten) zur Ahndung entsprechender Vergehen in der Menschenwelt. Es wird dann nach Erklärungen für sich gegebenenfalls ergebende Diskrepanzen gesucht. Bei der Auswertung des Materials spielen auf der mytheninternen Ebene Fragen des Status, des Alters, der Genderordnung etc. eine Rolle, aber auch andere Gesichtspunkte, die sich nicht so simpel unter das Stichwort "Hierarchieverhältnisse" subsumieren lassen, wie etwa die Frage, ob bestimmte Verwandte der Gottheit zum "Tatzeitpunkt" noch als lebend oder bereits verstorben vorgestellt werden. Mythenextern ist relevant, wie die betreffende Quelle bezüglich ihrer ursprünglichen Entstehungszeit und Verwendungssituation situiert ist, aber auch Fragen der weiteren Überlieferung und endgültigen Anbringung oder Deponierung sind zu berücksichtigen. Letztlich sollen die Mythen als (wenn auch gefilterte) Quelle zu den gesellschaftlichen Verhältnissen ihrer Entstehungskultur ernst genommen werden.
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Fortsetzung der Datenaufnahme und -pflege der Aegyptiaca Literaturdatenbank für Ägyptologie und Koptologie
Graefe, Erhart
Die 1987 begonnene Datenaufnahme für ägyptologische und koptologische Fachliteratur ist naturgemäß eine Daueraufgabe, die der Datenpflege und steter Revision bedarf. E. Graefe hat die Kodierung und damit auch Anzeige von griechischen und koptischen Titeln oder Teilen davon abgeschlossen ebenso wie eine solche von Titeln mit ägyptischer Umschrift und in Hieroglyphen. Die Datenbank läuft in der originalen Form (Eingabe von Daten und komfortable Suche) unter: http://www4.ivv1.uni-muenster.de/litw3/Aegyptologie/index_l_0.htm und (nur für Suche) in einem moderneren Layout und einfacherer Suche auf Suchmaschinenbasis unter: https://aegyptiaca.uni-muenster.de/Search/Home
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Weiterarbeit am Stundenritual
Graefe, Erhart
Das Stundenritual, für das es bereits eine online Edition gibt, ist ein Ritual, das ursprünglich der ägyptische König im Göttertempel zu vollziehen hatte durch Sprechen oder Singen von Hymnen zum Lobe des Sonnengottes zu Beginn einer jeden der 12 Tagesstunden. Es wurde im Lauf der Jahrhunderte auch zu einem Totentext für zuerst Könige, in der Spätzeit ab dem 8. Jhdt. v. Chr., auch für Privatleute und wurde dann in Gräbern angebracht. Eines dieser Gräber, das des Karachamun, Theben Nr. 223 aus der 25. Dyn., wird seit einiger Zeit im Rahmen des South Asasif Conservation Projekts (Leiterin Dr. Elena Pischikova) bearbeitet (Ausgrabung, Wiederaufbau). Prof. Graefe begann mit Unterstützung der Fritz Thyssen-Stiftung in den Kampagnen 2013-2014 mit der Zuordnung der zahllosen Fragmente der zusammengebrochenen Pfeiler, auf denen sich der Text des Stundenrituals befand. Das Projekt läuft 2015-2017 unter Förderung durch die DFG. Er sind die 20 000 geborgenen hieroglyphischen Fragmente der Gesamtdekoration des Grabes in einem mehreren Durchgängen auf Zugehörigkeit zum Stundenritual zu durchsuchen und zu fotografieren bzw. zu scannen für die Weiterarbeit in Münster. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend für die Überlieferungsgeschichte des Textes, der in TT 223 in die "Klasse" Pabasa/Edfu gehört (siehe die Einführung zur online-Version), die dadurch mindestens 100 Jahre älter ist als bisher bekannt. Zweiter Vorbericht: Graefe, Erhart, Second Report on Work on the Fragments of the Stundenritual (Ritual of the Hours of the Day) in TT 223. Tombs of the South Asasif Necropolis. New Discoveries and Research 2012-14, Cairo New York, 2017, S. 91-95
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Kritische Gesamtausgabe der Werke des Schenute
Stephen Emmel
Das Ziel des internationalen Projekts „Kritische Gesamtausgabe der Werke des Schenute“ ist es, eine vollständige Edition mit begleitender Übersetzung der Werke dieses herausragenden koptischen Schriftstellers und Klostervorstehers aus dem spätantiken Ägypten (ca. 347–465 n. Chr.) zu publizieren und somit seine Schriften einer beträchtlich größeren Leserschaft als bisher zugänglich zu machen.
Handbuch der koptischen Autoren bis zum 10. Jahrhundert
Samuel Moawad
Der Fachbibliothek der Koptologie mangelt es an einem Nachschlagewerk der koptischen Literatur. Das Projekt hat zum Ziel, ein Handbuch der koptischen Autoren und ihrer Werke zu verfassen. Dieses Nachschlagewerk ist ein Hilfsmittel für Koptologen und andere Wissenschaftler der benachbarten Fachbereiche sowie für Studierende und Fachfremde gedacht. Es wird Angaben zu Biographien der Autoren und zu deren Umfeld enthalten. Jedes einzelne literarische Werk des jeweiligen Autors wird in diesem Handbuch einen separaten Eintrag haben. Ausführliche Handschriftenangaben und Bibliographie bilden den Kern dieser Arbeit.
Monastisches Leben in Hagr Edfu. Eine Rekonstruktion auf der Basis der schriftlichen Quellen
Anke I. Blöbaum
Das als „Hagr Edfu“ bezeichnete Gebiet liegt etwa 4 – 5 km west-süd-westlich von Edfu. Unmittelbares Ziel des Forschungsvorhabens ist die Edition des seit 1981 bekannten aber bisher unpubliziert gebliebe­nen Ostrakafundes diesen Ortes. Darüber hinaus soll untersucht werden in welchem Verhältnis diese Texte zu den weiteren aus Hagr Edfu und dem benachbarten Tell Edfu stammenden schriftlichen Quellen stehen.
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Letzte Änderung: 13.10.2025